Ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr kann Sportvereine wiederbeleben und dem Übungsleiter- und Vereinsmanagermangel entgegenwirken
Eines vorab: Der organisierte Sport in Bayern ist gut aufgestellt – rund 4,7 Millionen Mitgliedschaften in 11.500 Sportvereinen und 300.000 Ehrenamtliche in Übungsleiter- oder Verwaltungs- und Führungsfunktionen sprechen eine eindeutige Sprache. Dennoch, nicht zuletzt aufgrund steigender Mitgliederzahlen kommt das Ehrenamt – eine Tätigkeit, die unentgeltlich in der Freizeit ausgeübt wird – zusehends an seine Grenzen. Ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr kann hier für Sportvereine weitreichende Entlastungen mit sich bringen.
Die Nachfrage nach Sportangeboten in bayerischen Sportvereinen ist nach wie vor ungebrochen hoch. Das Angebot ist in vielen Fällen jedoch oftmals limitiert. Der Grund: Übungsleitermangel. Junge, engagierte Sportlerinnen und Sportler aus dem – im Optimalfall – eigenen Nachwuchs fehlen häufig. Der Weg- oder Rückzug durch Ausbildung, Studium oder Beruf und Familie sind die häufigsten Gründe. Ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr mit der Möglichkeit dieses im Ehrenamt eines Sportvereins ausüben zu können, könnte die Sorge von vielen Vereinen und Vereinsverantwortlichen lindern.
„Sportvereine prägen den Charakter“
„Ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr, z.B. in einem Sportverein, hat die enorme Chance, junge Menschen für die Vereinsarbeit zu begeistern und sie nachhaltig und langfristig an den Verein zu binden. Gleichzeitig gibt es den Schulabgängerinnen und ‑gängern die Möglichkeit sich selbst weiterzuentwickeln und die in der schulischen Laufbahn oft wenig oder gar nicht geförderten, aber enorm wichtigen, sogenannten ‚Soft Skills‘ zu erlernen. Sportvereine prägen den Charakter, sie sozialisieren auf eine gewisse Weise und sind damit ein wichtiger demokratischer Beitrag für unsere Gesellschaft“, plädiert Jörg Ammon, Präsident des Bayerischen Landes-Sportverbands e.V. (BLSV), für eine zügige Umsetzung.
Gesellschaftsjahr im Sportverein mit unbegrenzten Möglichkeiten
Die Einsatzmöglichkeiten für junge Menschen in einem verpflichtenden Gesellschaftsjahr im Sportverein sind quasi unbegrenzt. Vom Übungsleiter über Hallen- und Platzwart-Tätigkeiten bis zum Social Media Manager oder gar in der Vorstandschaft sind alle Rollen in der Vereinsstruktur denkbar. Diese ergeben nachfolgend neue Möglichkeiten für spätere, berufliche Laufbahnen und Karrieren.
Junge Menschen müssen vom Sport überzeugt sein.
„Sportvereine zählen zu den größten und stärksten lokalen und regionalen Netzwerken, die wir haben. Gleichzeitig sind sie in vielen Regionen auch der soziale Motor. Der Einsatz in einem verpflichtenden Gesellschaftsjahr für den Sport ist daher eine unglaublich hohe Chance, die Regionen und das Ehrenamt gleichermaßen nachhaltig und langfristig zu stärken, das Ehrenamt auf ein neues Niveau zu heben und vor allem für die Zukunft neue Nachwuchskräfte zu gewinnen und zu halten“, ist der Vorsitzende der Bayerischen Sportjugend im BLSV (BSJ), Michael Weiß, davon überzeugt, dass das verpflichtende Gesellschaftsjahr für alle Beteiligten nur Vorteile bringt. „Es kann aber nur funktionieren, wenn wir die jungen Menschen dahinbringen, diese Vorzüge und die Basisdemokratie anzuerkennen und sie sich freiwillig für den Sport und den Verein entscheiden“, ergänzt der BSJ-Vorsitzende.
Belastungsprobe Ganztagsbetreuung
Mit Blick auf den Beginn des Schuljahres 2026/27 und dem sukzessiven und flächendeckenden Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in Bayern, werden die Bedarfe an verfügbaren Übungsleiterinnen und ‑leitern sprunghaft ansteigen. Auch hier kann das verpflichtende Gesellschaftsjahr einem drohenden Engpass nachhaltig entgegenwirken.